Wo fliegt der Ball? Was will uns die Laufschrift sagen? Und warum ruckelt das Bild beim Shooter so stark? Mit schnellen Bewegungen sind etliche Fernseher überfordert. Denn wenn es etwa bei Sportübertragungen, in Nachrichtentickern und beim Gaming hektisch oder kleinteilig zur Sache geht, sind sie mit den normalen 50 Hertz zu langsam. Aber was heißt das eigentlich? Und was machen 100-Hertz-Modelle besser? Oder sollte es gleich ein Fernseher mit 120 oder sogar 144 Hertz sein? COMPUTER BILD erklärt, was hinter den Hertz-Zahlen und dem Begriff “Bildwiederholfrequenz” steckt und bei welchen Tricks der Hersteller und Verkäufer Sie aufpassen sollten. Außerdem sehen Sie günstige und empfehlenswerte 100-Hertz-Fernseher im Test.
Ist denn überhaupt ein 100-Hertz-Fernseher automatisch besser als ein Gerät mit nur 50 Hertz? Nicht unbedingt, denn die Bildqualität hängt von sehr viel mehr Faktoren als nur der Bildrate ab. So kann ein 50-Hertz-Fernseher mit natürlicher Farbwiedergabe und hohem Kontrast unter Umständen ein insgesamt besseres TV-Bild zeigen als ein 100-Hertz-Modell mit Farbstich und flauem Kontrast. Sind hingegen Farben und Kontrast in Ordnung, hat die 100-Hertz-Technik eindeutige Vorteile. Welche das sind, erfahren Sie im Detail weiter unten. Preislich starten empfehlenswerte 100-Hertz-Fernseher bei rund 1.000 Euro, der Test zeigt aber auch spannende Ausreißer nach unten.
Namensgeber für die Maßeineinheit Hertz ist der Physiker Heinrich Hertz. Damit lässt sich alles bemessen, was sich in regelmäßigen Zeitabständen ändert. Hörbare Schwingungen etwa sind Luftdruckwellen, bei einer Stimmgabel wiederholt sich das Hin und Her 440-mal pro Sekunde, der Ton hat eine Frequenz von 440 Hz. So viel aus dem Physikunterricht. Beim Fernseher gibt die Einheit an, wie oft der Bildschirm pro Sekunde ein neues Bild anzeigt. In der schnellen Abfolge der Einzelbilder erkennt das menschliche Auge diese dann als Bewegtbild. Daher ist auch von Bildwiederholrate die Rede. Normalerweise zeigen Fernseher 50 Einzelbilder pro Sekunde. Mit dieser Bildrate gibt es kein störendes Flimmern, Bewegungsabläufe sehen auf dem Bildschirm flüssig aus. Mit zunehmender Bildgröße ist das jedoch zu wenig, weil unser Wahrnehmungsapparat für die sprunghaften Bildänderungen der Fernseher zu träge ist – je schneller sich ein Objekt im Bild bewegt, desto mehr fällt das auf. 100-Hertz-Fernseher zeigen daher doppelt so viele Bilder pro Sekunde wie ein 50-Hertz-Gerät und fügen in die originale Bildfolge hinter jedes Einzelbild ein weiteres Bild ein. Die Änderungen von Bild zu Bild fallen damit kleiner aus, Bewegungen erscheinen klarer und schärfer. Einige Fernseher fügen alternativ einfach schwarze Bilder ein. Auf die Bewegungsschärfe hat das einen ähnlich positiven Einfluss, allerdings flimmert dann das Bild.
Theoretisch gilt: Je höher die Anzahl der Bildwechsel, desto mehr Bilder zeigt das TV-Gerät und desto klarer und schärfer sehen Bewegungen bei der Wiedergabe aus. Zwischen 100 und 120 Hertz gibt es allerdings in der Praxis keinen Unterschied, 100-Hertz-Fernseher geben immer auch 120 Hertz wieder. Die beiden Werte ergeben sich durch die Stromnetzfrequenzen mit 50 Hertz in Europa und 60 Hertz in den USA und in Asien. TV-Produktionen laufen dementsprechend mit 50 oder 60 Bildern pro Sekunde, die für den weltweiten Betrieb ausgelegten Fernseher passen sich daran an. Wer also hierzulande 60-Hertz-Videos abspielt, sieht dementsprechend 60 oder 120 Hertz. Laufen Kinofilme mit ihren 24 Bildern pro Sekunde (ein Relikt aus der Zelluloid-Zeit), sind die mit 48 oder 96 Hertz auf dem Fernseher zu sehen. Zu Zeiten der DVD hat man sich darüber noch keine Gedanken gemacht. Die beschleunigten einfach Kinofilme von 48 auf 50 Hertz, dadurch sind die EU-Veröffentlichungen wenige Minuten kürzer und O-Töne klingen etwas heller als im Kino-Original. Gamer mit der PlayStation 5 oder der Xbox Series X kommen um einen 100-Hertz-Fernseher kaum herum, wenn sie die volle Leistung der Konsolen auskosten wollen – denn die liefern maximal 120 Bilder pro Sekunde. Und da gilt die einfache Formel: Wer mehr sieht, lebt länger. Immer mehr aktuelle Fernseher der Oberklasse schaffen statt 120 sogar 144 Hertz. Konsolen gehen da nicht mit, Gaming-PCs mit sehr potenter Grafikkarte können dieses Tempo aber in UHD-Auflösung liefern.
Wer noch höhere Herstellerangaben bei Fernsehern entdeckt oder seltsame Abkürzungen wie PQI oder MXR, kann die gleich wieder vergessen. Das sind Marketing-Floskeln, mit der Bildwiederholfrequenz haben diese Angaben nichts zu tun. Stattdessen handelt es sich um Maße für die Bildqualität aus Sicht der Hersteller, wobei da jeder seine eigenen Maßstäbe ansetzt, keiner aber die Bedeutung transparent erläutert. Daher gehören diese Angaben allesamt auf die Müllhalde des Werbegeschwurbels: Clear Motion Rate (CMR) und Picture Quality Index (PQI) genauso wie Backlight Motion Rate (BMR) und PPI (Picture Performance Index). Beim Kauf lässt man sich im besten Falle also nicht von diesen Floskeln irritieren, sondern orientiert sich an der klar definierten Hertzzahl – sofern sie in den Herstellerangaben zu finden ist oder ein seriöser Test Klartext redet.
Damit Bewegungen trotz verdoppelter Bildrate geschmeidig und ruckelfrei über den Bildschirm verlaufen, erzeugen 100-Hz-Fernseher die doppelte Bildrate in der Regel durch die sogenannte Bewegungs-Interpolation, auf Neudeutsch: Motion Interpolation. Dabei errechnet der Fernseher Zwischenbilder und versucht, Bewegungen im Bild korrekt abzuschätzen. Die berechneten Zwischenbilder sind allerdings nicht immer fehlerfrei, sodass Doppelkonturen oder Pixelwolken um Köpfe vor unruhigem Hintergrund das Sehvergnügen trüben. Außerdem sehen flüssige Bewegungen in den Augen regelmäßiger Kinogänger zumindest ungewohnt aus. Denn im Kino arbeitet man wie vor 100 Jahren meistens mit nur 24 Bildern pro Sekunde, Kinoprojektoren verdoppeln das durch stumpfe Bildwiederholung auf 48 Bilder pro Sekunde (frames per second, fps). Dementsprechend ruckeln Bewegungen in Kinofilmen. Glättet nun ein 100-Hertz-Fernseher die Bewegungsabläufe, verschwindet das Kinoruckeln und damit ein Unterscheidungsmerkmal von Kinofilmen gegenüber TV-Produktionen. Daher ist in dem Zusammenhang zuweilen vom Lindenstraßen- oder Soap-Effekt die Rede. Allerdings sind die Bildeindrücke einer Projektion kaum mit denen auf leuchtenden Bildschirmen vergleichbar, auf der Leinwand wirkt das Ruckeln sanfter. Übrigens: Zeitweise gab es Fernseher, die die Bildrate sogar auf 200 Hz vervierfachten. Die sind aber wieder vom Markt verschwunden, mit UHD-Auflösung lässt sich das technisch kaum umsetzen.
Letztendlich ist es vor allem eine Geschmacks- und Gewohnheitssache: Konservative Kinofans haben das Ruckeln lieb gewonnen und lassen am Fernseher die Bewegungsglättung abgeschaltet. Wer Bewegungen und Bildschwenks lieber flüssig sieht, aktiviert die Entruckelung – das geht auch im sonst sehr empfehlenswerten Filmmaker Mode.
Ob Ihr nächster TV mit 50 oder doch lieber 100 Hertz ausgestattet sein soll? Es kommt darauf an – tendenziell lohnt sich aber der Griff zur 100-Hertz-Mattscheibe. Für Gamer empfiehlt sich ohnehin immer ein 100-Hz-Fernseher, der auch die 120 Bilder pro Sekunde von PS5, Xbox Series X oder sogar 144 Hertz von Gaming-PCs verarbeitet. Wer viel fernsieht, freut sich über die schärfere Darstellung von Bewegungen, vor allem bei Sportinhalten. Hier lohnt der Griff etwa zum Testsieger LG QNED85T. Trotz seines vergleichsweise fairen Preises bietet er hohe Bildschärfe und prächtige Farben. Das ein guter Fernseher für Gaming und Sport nicht teuer sein muss, beweist der Hisense E77NQ Pro. Der bietet zwar weniger Streaming-Auswahl als etwa die Konkurrenz von LG und Samsung, aber knackige Bildqualität und einfache Bedienung zum fairen Preis.