Ein Balkonkraftwerk besteht aus wenigen Solarmodulen, ein paar Kabeln und einem Wechselrichter. Letzterer ist das wichtigste Bauteil einer Balkon-Solaranlage. Trivial ist die Auswahl des richtigen Modells nicht. Denn in der Vergangenheit gab es so manche Diskussion – sowohl über die in Deutschland erlaubte Ausgangsleistung für Wechselrichter (600 oder doch 800 Watt) als auch über die Qualität dieser Geräte. COMPUTER BILD fasst zusammen, was Sie wissen müssen, und zeigt in diesem Test, welche Leistung Wechselrichter für Balkonkraftwerke mit 600 Watt (W) und 800W in unserem Testlabor erreichten.
Das Wichtigste in Kürze
- Wechselrichter sind elektrische Geräte, die Strom umwandeln. In Photovoltaikanlagen ändern sie Gleichspannung in Wechselspannung.
- Solche Inverter vertragen eine bestimmte Eingangsleistung (bestimmt durch Stromstärke und -spannung) der Solarmodule und geben eine bestimmte maximale Ausgangsleistung aus, die die regelkonforme Stromeinspeisung ins Netz sicherstellt.
- Ein Wechselrichter für ein Balkonkraftwerk darf streng genommen maximal 600 Watt ausgeben. Künftig erhöht sich die erlaubte Leistung auf 800 Watt, das ist so bereits gesetzlich vorgesehen. Mehr über die aktuellen Entwicklungen erfahren Sie weiter unten und in unserem gesonderten Bericht zum Thema.
- Wenn ein Fehler auftritt, etwa eine Störung oder Überspannung, ist der Wechselrichter das Bauteil, das die Anlage vom Netz trennt. Im Sommer 2023 kam heraus, dass zahlreiche Wechselrichter-Modelle für Mini-Solaranlagen geltende Sicherheitsstandards ignorieren. Die Modelle in dieser Bestenliste fielen in unserem Test nicht negativ auf.
- Es gibt verschiedene Arten von Wechselrichtern für Solaranlagen, etwa String- und Mikro-Wechselrichter. Bei Balkonkraftwerken kommen meist Mikro-Wechselrichter, auch Modulwechselrichter genannt, zum Einsatz. Diese sind in der Regel mit Modulen einzeln verbunden, nicht mit einem ganzen Strang oder der gesamten Solaranlage. Das hat den Vorteil, dass die Verschattung eines Solarmoduls nicht die Leistung der anderen Module beeinträchtigt.
Testsieger mit 600 Watt: Hoymiles HM-600
Hoymiles HMS-1600 4T: Geheimtipp für mehr Solarmodulleistung
Die meisten Wechselrichter für Balkonkraftwerke steuern die Solarmodule mit zwei MPP-Trackern. Der Hoymiles HMS-1600 4T hat davon gleich vier Stück, kann folglich vier Solarmodule getrennt steuern, die Verschattung des einen stört die anderen drei nicht. In der neuen HMS-Generation setzt Hoymiles auf eine Betteri-BC05-Kupplung. Prima: Dank der Kühlrippen führt der Wechselrichter Wärme gut ab, unter sommerlichen Bedingungen bricht die Leistung nicht ein. In Verbindung mit der passenden DTU-WLite-S (rund 40 Euro) gelingen eine überzeugende Datenauswertung sowie die Drosselung der Ausgangsleistung. Damit lässt sich der bis zu 1600 Watt leistende Wechselrichter auf balkonkraftwerkkonforme 600 (oder 800) Watt herunterregeln. Der Wechselrichter ist die optimale Wahl, wenn man auch im Winter eine höhere Leistung erreichen möchte – und damit der Geheimtipp der Redaktion, vorausgesetzt Sie haben Platz für vier Solarmodule. Preis zum Testzeitpunkt: 190 Euro.
So testet COMPUTER BILD Wechselrichter
Im COMPUTER BILD-Testlabor absolvieren die Geräte die folgenden Prüfungen:
- Leistung: Welche Leistung gibt der Mikrowechselrichter aus? Das prüft die Redaktion mithilfe professioneller Gleichstrom-Multifunktions-Netzteile von Elektro Automatik. Mit diesen simulieren die Tester den Tagesverlauf der Sonne unter optimalen und unter bewölkten Bedingungen und zeichnen die Leistung der Wechselrichter mit einem Präzisions-Leistungsmessgerät von ZES Zimmer auf.
- Hitzebeständigkeit: In einer speziellen Klimakammer von Memmert prüfen die Tester, ob die Leistungsfähigkeit bei Hitze einbricht. Im Test haben fast alle Modelle diese Prüfung gemeistert. Die Negativausnahme bildete der EcoFlow PowerStream, dessen Leistung erheblich einbrach – dafür gab es eine kräftige Abwertung.
- Wirkungsgrad: Wie viel Leistung durch die Umwandlung des Stroms und den Eigenverbrauch der Wechselrichter verloren geht, gibt der Wirkungsgrad an. Diesen ermittelt die Redaktion in Anlehnung an die EU-Norm, die sich auf unsere Breitengrade bezieht. Den höchsten gemessenen Wirkungsgrad erzielte der Hoymiles HM-600 mit 94,5 Prozent.
- Weitere Eigenschaften: Die Tester begutachten Verarbeitungsqualität und Witterungsbeständigkeit und prüfen etwa die Anzahl der vorhandenen MPP-Tracker und Anschlüsse. Die meisten 600- und 800-Watt-Modelle im Test haben zwei MPP-Tracker, die die Solarmodule separat steuern, der Hoymiles HMS-1600 hat gleich vier MPP-Tracker – stark! Bewertet werden auch die Fähigkeit, die Einspeiseleistung (etwa von 600 auf 800 Watt) zu regulieren, und die Dauer der Herstellergarantie. Letztere beträgt bei fast allen zwölf Jahre. Ausnahme: Anker und EcoFlow gewähren nur zehn Jahre, Envertech hingegen 15 Jahre.
- Software der Wechselrichter: Ob Daten per WLAN oder über Zubehör etwa an eine App gehen, wird geprüft. Entscheidend ist auch, wie leicht die Einrichtung gelingt und wie umfassend die Daten dargestellt werden. Einige Wechselrichter messen die eigene Leistung und geben die Informationen dann beispielsweise in einer App aus. Das klappt mit den Modellen von Anker und EcoFlow sowie dem WLAN-fähigen Hoymiles HMS-800W-2T und Envertech EVT800-B. Ist der Wechselrichter nicht smart oder gefällt die Datenauswertung nicht, lässt sich das mit Zubehör lösen – teils gibt es welches vom Hersteller (etwa Hoymiles DTU-WLite respektive DTU-WLite-S, Envertech EnverBridge EVB300) oder Sie schalten eine smarte Steckdose vor.
- Abschaltung: Bei einem Fehler muss zusätzlich zur Abschaltautomatik ein elektrischer Schalter (“Relais”) innerhalb des Wechselrichters dafür sorgen können, dass die Anlage innerhalb von 0,2 Sekunden abschaltet, wenn der Wechselrichter vom Netz genommen wird. Seit der Mikrowechselrichter-Affäre im Sommer 2023 prüft die Redaktion bei jedem Wechselrichter, wie es um das Schutzrelais steht. Final lässt sich das nur klären, wenn man das Gehäuse aufschraubt und die Vergussmasse umständlich herauskratzt. Wir halten uns daher an Indizien: Bei Trennung vom Netz hören die Tester auf das typische Klickgeräusch, messen, ob die Abschaltzeit im vorgeschriebenen Bereich bleibt, und schauen, ob der Hersteller auf die Einhaltung der VDE-Norm hinweist.
- Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV): Wechselrichter können elektromagnetische Störsignale senden. Tun sie das übermäßig, können sie andere Geräte oder Funksignale stören. Daher gibt es bestimmte Grenzwerte, die elektronische Geräte, also auch Wechselrichter, einhalten müssen (DIN EN IEC 61000-3-11 VDE 0838-11:2021-03).
So steht es um Wechselrichter-Modelle
Was lässt sich über den Hoymiles HM-800 sagen?
Wie sicher sind Wechselrichter von Hoymiles?
Was ist mit Deye und baugleichen Wechselrichtern?
Was ist mit den 600-Watt-Geräten von Anker und NEP?
Wie ist der Stand bei TSUN-Wechselrichtern?
Ist der Lidl Parkside betroffen?
Was ist mit dem Growatt MIC 600TL-X?
Größe der Wechselrichter: Leistung von 600 Watt
In Deutschland dürfen Balkonkraftwerke 600 Watt ins Netz einspeisen – nur dann gelten die vereinfachten Regeln, also dass Laien die Mini-PV selbst anschließen und anmelden dürfen. Die Grenze bezieht sich auf die Einspeiseleistung der Wechselrichter. Welche Wechselrichter-Größen sind üblich?
- 300 bis 400 Watt: Im Handel gibt es Wechselrichter mit einer Ausgangsleistung von 300, 350 oder 400 Watt, an die in der Regel nur ein Solarmodul gehört. Spannend: Es ist möglich, zwei 300-Watt-Wechselrichter zu kombinieren. Dabei können Sie beide per Betteri-BC01-Kupplung (falls vorhanden!) zusammenschließen oder sie an unterschiedlichen Stromkreisen im Haus installieren (mehr dazu im Ratgeber zum Thema “Mehrere Balkonkraftwerke“).
- 600 Watt: Der ältere Hoymiles HM-600 hat ab Werk 600 Watt, der Envertech EVT 560 laut Hersteller eine Ausgangsleistung von 560 Watt – gemessen haben wir im Labor aber höhere Werte.
- 800 Watt: Künftig soll die erlaubte Ausgangsleistung hierzulande wie in anderen EU-Ländern auf 800 Watt angehoben werden. Gesetzlich ist die neue Grenze schon verankert. Die zugehörige Produktnorm des VDE fehlt aber noch, die die technischen Details regelt. Sie soll bis Jahresende 2024 kommen. Eine Mitteilung des VDE vom 16. Mai 2024 wurde aber so aufgefasst, dass Balkonkraftwerke mit 800 Watt ab sofort legal seien – weshalb Wechselrichter mit 800 Watt schon gängige Praxis sind. Wer es aber ganz genau mit den Regeln nimmt, bleibt bei seinem Balkonkraftwerk aktuell bei 600 Watt.
Auf die Nennleistung kommt es an
Apropos: es genau nehmen mit den Regeln – das Bundeswirtschaftsministerium teilt uns auf Nachfrage mit: “Derzeit darf der Wechselrichter einer Balkonsolaranlage eine Nennleistung von maximal 600 Watt bzw. Voltampere haben. Das ergibt sich aus der technischen Normung. Maßgeblich ist die Angabe auf dem Typenschild oder im Einheitenzertifikat des Wechselrichters. Eine Einstellung in der Software des Wechselrichters ist dagegen nicht maßgeblich, unabhängig ob sie durch den Hersteller oder den Betreiber selbst vorgenommen wird.“
COMPUTER BILD meint: Die Vorgabe, dass ein Wechselrichter nur eine maximale Nennleistung von 600 Watt hierzulande haben darf, ist realitätsfern. Denn seit über einem Jahr dominieren hierzulande Wechselrichter mit höherer Maximalleistung, deren Ausgangsleistung sich drosseln lässt. Damit wären viele Balkonkraftwerke am Ende nicht erlaubt – zumindest nicht mit der aktuell noch geltenden Anschlussnorm.
Drei Möglichkeiten, den Wechselrichter anzuschließen
Wie speist der Wechselrichter den Strom eigentlich ins Hausnetz ein? Meist geschieht das über ein Anschlusskabel, das bei Balkonkraftwerken dazubestellt werden muss. Es wird am Stromausgang des Wechselrichters befestigt. Das Kabel gehört an den entsprechenden Anschluss am Wechselrichter. Oft ist das eine Betteri-Kupplung vom Typ BC01, manchmal aber auch Betteri BC05 oder ein herstellereigener Anschluss. Die Verbindung zum Stromnetz gelingt auf einem dieser drei Wege:
- Schuko: Es gibt Anschlusskabel für die haushaltsüblichen Schutzkontaktsteckdosen (Schuko). Das ist die einfachste Variante und sie gilt als sicher, auch wenn die offiziellen VDE-Regeln noch hinterherhinken.
- Wieland: Alternativ können Sie Anschlusskabel mit Wieland-Stecker erwerben. Der Wieland-Stecker bietet einen Berührungsschutz und gilt daher als noch eine Spur sicherer. Wer ein Anschlusskabel mit diesem Steckertyp wählt, muss die dazugehörige Wieland-Steckdose einbauen (lassen).
- Anschlussleitung: Eine Elektrofachkraft kann das Balkonkraftwerk alternativ über eine feste Leitung mit dem Zähler verbinden.
Hoymiles HMS-800W-2T: Neue Generation im Test
Fazit: Wechselrichter-Test
Statt Einzelkauf: Balkonkraftwerk im Set bestellen
Wechselrichter: Häufig gestellte Fragen
Welche Leistung dürfen Balkonkraftwerke erreichen?
Während Balkonkraftwerke früher nur 600 Watt einspeisen durften, sind seit dem 16. Mai 2024 bis zu 800 Watt erlaubt. Der Wechselrichter begrenzt diese sogenannte Einspeiseleistung. In der Praxis kann es aber mehr sein: Im Test haben wir bei fast allen Wechselrichtern eine höhere Einspeiseleistung gemessen, als die Hersteller angeben. Das tritt zwar nur unter optimalen Bedingungen (leistungsstarkes Solarmodul, Sonnenschein) auf. Trotzdem hat COMPUTER BILD beim Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. (VDE), der in Deutschland für die Normierung zuständig ist, nachgehakt. Verbraucherinnen und Verbraucher sind nicht in der Pflicht, nachzumessen oder zu beweisen, ob ein Wechselrichter die angegebene Nennleistung einhält. Für Toleranzen sind die Hersteller verantwortlich.
Welcher ist der beste 800-Watt-Wechselrichter?
Im Test von COMPUTER BILD liegt der Hoymiles HMS-1600-4T vorne. Der Wechselrichter erreicht bis zu 1600 Watt, lässt sich aber auf balkonkraftwerkkonforme 600 (respektive 800) Watt drosseln. Der Vorteil: Dieses Gerät ist in der Lage, vier Solarmodule separat zu steuern, und bringt so auch an wechselhaften Tagen eine höhere Leistung im Vergleich zu klassischen 800-Watt-Wechselrichtern mit zwei MPP-Trackern.
Was kostet ein guter Wechselrichter?
Für 100 bis 200 Euro bekommen Sie einen Balkonkraftwerk-Wechselrichter im Einzelverkauf. Für Laien empfiehlt sich der Kauf im Set mit Solarmodulen sowie Halterung, Verbindungs- und Anschlusskabeln – auf diese Weise wissen Sie, dass die Komponenten zusammenpassen, und können im Zweifel Garantieansprüche leichter durchsetzen.
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