Die Schweiz entwickelt sich zu einem beliebten Rückzugsgebiet für VPN-Anbieter. Neben Proton VPN und VyprVPN hat auch der relativ junge Tarnservice PrivadoVPN seine Zelte in dem beschaulichen Alpenland aufgeschlagen. Die Schweiz ist für ihren strengen Datenschutz bekannt, aber macht das PrivadoVPN automatisch zu einem guten Anbieter? COMPUTER BILD hat den Test gemacht.
Hinter PrivadoVPN steht das Unternehmen Privado Networks AG mit Hauptsitz in Zug (Schweiz). Der VPN-Dienst ist seit 2019 auf dem Markt. Wir fassen an dieser Stelle kurz die wichtigsten Funktionen zusammen:
- Plattformen: Apps gibt es für Windows, macOS, Android, iOS, Fire TV und Android TV sowie für einige Router.
- VPN-Protokolle: Auf allen Plattformen unterstützt der Dienst WireGuard, OpenVPN, IKEv2.
- Länderauswahl: PrivadoVPN betreibt Server in 49 Ländern.
- Gleichzeitige Verbindungen: Der Anbieter erlaubt maximal zehn Verbindungen gleichzeitig.
- Streaming: Die VPN-Server entsperren teilweise Netflix, HBO Max, Paramount+ sowie Live-Streams und Mediatheken aus Deutschland, Österreich und Italien.
- P2P/Torrent: Peer-to-Peer-Verbindungen via BitTorrent sind erlaubt; eigenes SOCKS5-Protokoll.
- Gratisversion: Die kostenlose Free-Version ist zeitlich unbegrenzt lauffähig, bietet aber nur eingeschränkte Funktionen.
SOCKS5 fürs Torrenting
Nur im Nutzeraccount auf der Website lässt sich außerdem SOCKS5 einrichten. Im Gegensatz zu OpenVPN, IKEv2 und WireGuard verschleiert das Protokoll nur Ihre IP-Adresse, aber nicht Ihre Daten. Es ist eher für besonders schnelle Datenübertragungen gedacht und damit das Protokoll der Wahl für Torrent-User. Der Anbieter stellt auf seiner Website Anleitungen bereit, wie sich der SOCKS5-Proxy in die gängigsten BitTorrent-Clients einbinden lässt.
Guter Schutz vor Datenlecks
PrivadoVPN verfügt über einen integrierten IP-Leak-Schutz. Dieser soll sicherstellen, dass Internetprotokolle wie IPv4 und IPv6 sowie das verwendete DNS nicht Ihre persönlichen Daten ausplaudern. Das haben wir mithilfe der Website ipleak.net in mehreren Durchläufen auf verschiedenen Servern überprüft. Das Ergebnis: PrivadoVPN hält beim Online-Surfen dicht, weder private IP-, DNS- noch WebRTC-Adressen drangen im Test nach außen. Auch die P2P-Checks in “Torrent-freundlichen” Ländern wie Spanien, Polen und Schweiz verliefen erfolgreich.
Kill-Switch und Split-Tunneling
Nur für Windows- und Android-User gibt es außerdem die Möglichkeit, ausgewählte Apps per Split-Tunneling am VPN-Tunnel vorbeizuschleusen. PrivadoVPN nennt sein Verfahren Smart Route. Unter Windows gilt das auch für Webseiten. Das ist zum Beispiel hilfreich, wenn Sie die volle Bandbreite der Internetleitung ausreizen wollen, etwa für Online-Spiele.
PrivadoVPN bringt keinen automatischen WLAN-Schutz mit, der Sie vor öffentlichen, unverschlüsselten WLANs warnt, etwa in Restaurants, Cafés oder Verkehrsmitteln. In solchen Fällen müssen Sie daher selbst aktiv werden und das VPN auf Ihrem Gerät rechtzeitig starten.
Datenschutz und Transparenz des Anbieters
PrivadoVPN verfolgt eine strikte No-Log-Policy. Das bedeutet, dass der VPN-Dienst weder Personendaten noch andere Informationen über Sie, Ihren Computer oder Internetanschluss sammelt. Was der Dienst hingegen speichert, sind die von Ihnen bei der Registrierung angegebene E-Mail-Adresse und der Nutzername sowie gegebenenfalls Ihre Zahlungsinformationen, sofern Sie nicht vergleichsweise anonym mit einer Kryptowährung bezahlen.
Ein Kritikpunkt ist die lückenhafte Transparenz des VPN-Dienstes. Zwar gelobt PrivadoVPN, Nutzeraktivitäten nicht aufzuzeichnen, aber auf die Finger schauen lässt sich der Anbieter trotzdem nicht. Weder veröffentlicht der VPN-Dienst einen Transparenzbericht, noch existieren Sicherheitsaudits durch unabhängige Experten. Zudem liegen die Datenschutzbestimmungen nicht in deutscher Sprache vor. Auch gibt der Anbieter keinen Hinweis darauf, ob er mit datenschutzfreundlichen RAM-only-Servern operiert.
In unserem Testlabor haben wir das Tempo des VPN-Dienstes in einem 24-stündigen Dauerlauf mit einem deutschen VPN-Server gemessen. Dabei legte PrivadoVPN insgesamt eine gute Performance an den Tag.
Die Download-Geschwindigkeit verlangsamte sich um 2 Prozent gegenüber der Tempomessung ohne VPN. Das ist dicht am “sehr gut” und deutlich besser als im vorigen Test, wo PrivadoVPN mit rund 5 Prozent stärker bremste. Der Upload-Speed reduzierte sich dagegen um durchaus spürbare 9,1 Prozent – das zweitschlechteste Ergebnis in unserem aktuellen Vergleichstest. Nur Mullvad VPN war noch langsamer. In der Praxis halten sich die Einschränkungen in Grenzen, sofern Sie nicht primär große Daten per VPN hochladen möchten.
Die durchschnittliche Antwortzeit des Servers (Ping) betrug 18 Millisekunden, ein guter Wert. Verbindungsunterbrechungen stellten wir nicht fest, das VPN lief während der Messdauer stabil.
PrivadoVPN mit Netflix
Erfahrungen mit weiteren Streaming-Anbietern
Auch bei Disney Plus blieb der Länderwechsel erfolglos, der Streaming-Dienst erkannte den Einsatz des VPN und verweigerte den Zugriff. Einen guten Eindruck hinterließ PrivadoVPN hingegen bei den US-amerikanischen Streaming-Diensten HBO Max und Paramount Plus. In beiden Fällen schauten wir exklusive Inhalte aus deren Mediatheken.
Streaming von Live-TV und Mediatheken
Wenn Sie gerne Live-Streams sowie Mediatheken-Inhalte bekannter TV-Sender aus Deutschland, Österreich und Italien schauen, so stehen die Chancen mit PrivadoVPN gut. Mit den Ländersperren von ARD, ZDF, ORF, ServusTV und Rai Play machte der Tarndienst kurzen Prozess. Dagegen blieben uns die Programme des schweizerischen SRF versperrt, auch der britische BBC iPlayer ließ sich mit PrivadoVPN nicht zur Zusammenarbeit überreden.
Bevor Sie PrivadoVPN für Windows oder macOS herunterladen, richten Sie ein Benutzerkonto auf der Website des Anbieters ein. Hierfür benötigen Sie eine E-Mail-Adresse und Zahlungsinformationen. Anschließend laden Sie die Setup-Datei auf Ihren Rechner und folgen den Installationsanweisungen. Alternativ laden Sie die App über den Play Store für Android oder den App Store für iOS auf Ihr Handy oder Tablet. Nach dem Start fragt der VPN-Client zunächst die Zugangsdaten ab.
Der VPN-Client ist einfach aufgebaut und alle wichtigen Funktionen lassen sich schnell von Hand finden. Die Benutzeroberfläche ist erfreulicherweise mittlerweile auf Deutsch, das war im vorigen Test noch nicht so. Die weiße Schrift auf dunkelblauem Hintergrund ist aber schlecht ablesbar.
Wegen des kleinen und nicht änderbaren Programmfensters in der Desktop-App fällt die mit 49 Ländern recht kleine Standortübersicht etwas mühsam aus. Viele Länder sind nur mit einem einzigen Standort vertreten, dennoch findet man in der Liste hinter jedem Eintrag einen Dropdown-Pfeil, der suggeriert, dass sich dahinter mehrere Einträge verbergen.
Zum Glück hat Privado die Komfortfunktionen für die Suche ausgebaut. Für eine bessere Filterung gibt es inzwischen in allen vier großen Apps die Möglichkeiten, Länder per Volltextsuche oder durch Sortierung nach Namen und Latenz zu finden. Häufig genutzte Standorte speichern Sie auf Wunsch als Favorit und brauchen beim nächsten Aufruf dann weniger Handgriffe. Praktisch ist zudem die Auslastungsanzeige für jeden Standort, das erleichtert die Entscheidung. Branchenübliche Features wie Auto-Connect oder Autostart des Programms beim Laden des Betriebssystems sind ebenfalls an Bord.
Auch an eine Option zur Schnellverbindung mit dem besten Standort hat PrivadoVPN gedacht, die finden Sie aber nicht – wie von anderen VPN-Diensten gewohnt – im Startmenü, sondern erst, wenn Sie die Serverliste öffnen. Auch verhält die Funktion je nach verwendetem Gerät unterschiedlich. Während in unserem Check der Client unter Windows und macOS durchaus korrekt Deutschland, Berlin als besten Standort vorschlug, zeigte sich parallel unter iOS ein anderes Bild: Hier hielt der Client Länder wie Griechenland oder Portugal für die beste Option – offenbar aufgrund der niedrigeren Latenz. Für Vielnutzerinnen und -nutzer, die gleichzeitig auf mehreren Geräten arbeiten, ist das etwas verwirrend.
Bei den Extra-Funktionen hat PrivadoVPN dagegen zugelegt. So findet sich im “Control Tower” nunmehr ein Bedrohungsschutz, der (vermutlich auf DNS-Ebene) vor Tracking und Malware schützt und einen Werbeblocker enthält. Eine Jugendschutzfunktion, die etwa den Zugriff auf Porno- oder Glücksspielseiten blockiert, ist ebenso neu wie eine optionale Zugangssperrung zu sozialen Netzwerken. An die Ausstattung von VPN-Diensten wie NordVPN oder Surfshark reicht die von PrivadoVPN aber noch nicht heran.
Den vollen Leistungsumfang von PrivadoVPN bekommen Sie nur mit einem kostenpflichtigen Abonnement. Hierfür bietet PrivadoVPN drei Tarife zur Auswahl an. Beim 1- und 2-Jahres-Tarif gewährt Ihnen der Hersteller eine 30-Tage-Geld-zurück-Garantie, nur beim Monatstarif logischerweise nicht. Es gibt zwar kein Geräte-Limit, aber die Kauf-Lizenz gestattet maximal zehn Verbindungen gleichzeitig. Das Abo verlängert sich automatisch um den gewählten Zeitraum, wenn Sie nicht selbstständig kündigen, außerdem steigen anschließend die Preise. Das verlangt PrivadoVPN im jeweiligen Erstzeitraum:
- Das 1-Monats-Abo kostet 10,99 Euro.
- Das 1-Jahres-Abo inklusive 3 Gratis-Monaten kostet 2,99 Euro pro Monat (insgesamt 44,85 Euro).
- Das 2-Jahres-Abo inklusive 3 Gratis-Monaten kostet 1,99 Euro pro Monat (insgesamt 53,73 Euro).
Antivirus gegen Aufpreis
Im 1- und 2-Jahres-Tarif lässt sich auf Wunsch eine Antivirus-Funktion hinzubuchen, die in Echtzeit das System auf Bedrohungen überprüft und entsprechend reagiert. Das Feature verspricht einen tiefergehenden Schutz als der im regulären Abo enthaltene Bedrohungsschutz. Da PrivadoVPN Antivirus ein kostenpflichtiges Extra außerhalb des getesteten Premium-Tarifs ist, haben wir das Feature nicht in die Wertung einbezogen.
Zahlungsmethoden
Der Anbieter akzeptiert folgende Zahlungsmittel:
- Kreditkarte (Visa, Mastercard, Amex et cetera)
- PayPal
- Kryptowährungen via Coinbase (Bitcoin, Ethereum, USD Coin et cetera)
PrivadoVPN stellt eine zeitlich unbegrenzt lauffähige kostenlose Version seines VPN-Dienstes bereit. Für den Free Plan müssen Sie lediglich eine E-Mail-Adresse registrieren. Der Anbieter drosselt in der Gratis-Version das Tempo nicht, das Datenvolumen ist aber beschränkt auf 10 Gigabyte je 30 Tage. Gegenüber der Premium-Version ist der Leistungsumfang reduziert: Es stehen VPN-Server aus elf Ländern zur Verfügung. Erlaubt ist eine einzige aktive VPN-Verbindung pro Account. Split-Tunneling ist in der Gratis-Version enthalten. Unterstützung für SOCKS5-Proxys bekommen Sie nur im kostenpflichtigen Angebot. Streaming funktioniert auch im Free Plan, ist aber angesichts des limitierten Datenumfangs nur begrenzt möglich.
PrivadoVPN: Erfahrungen aus dem Test
PrivadoVPN überzeugt in einigen, aber nicht allen Punkten. Der technische Unterbau ist mit OpenVPN und WireGuard zwar gut, auch der Leak-Schutz funktioniert ohne Fehl und Tadel. Dass Privado zwar mit strengem Datenschutz wirbt, jedoch dieses Versprechen nicht von externen Prüffirmen bestätigen lässt, kostet den Dienst wertvolle Punkte. Eine bessere Ausstattung erhalten sie trotz einiger neuer Features woanders auch. Dagegen sind eine einfache Bedienung, ein insgesamt gutes Tempo und ein günstiger Preis Argumente, die für PrivadoVPN sprechen. Insgesamt aber kann sich der VPN-Herausforderer noch nicht mit den Schwergewichten der Branche messen.
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