Seit über 100 Jahren baut Leica Kameras im Vollformat – das zu Filmzeiten allerdings noch Kleinbild hieß. 2024 können Fotofans mit gut gefülltem Portemonnaie dabei zwischen drei Kameratypen wählen: den Messsucherkameras der M-Serie, den Kompaktkameras der Q-Serie und den Systemkameras der SL-Serie. Deren Topmodell ist die Leica SL3 für 6.800 Euro. Nur für das Gehäuse, Objektive gehen noch einmal extra. Was die Edel-Systemkamera kann, verrät der Test von COMPUTER BILD.

Die Fotos sehen sofort top aus

In der Leica SL3 steckt ein besonders hoch auflösender Sensor mit 60 Megapixeln (Auflösung 9520×6336), kombiniert mit dem hauseigenen Bildprozessor Maestro IV. Eine ähnliche Kombi baut Leica auch in die Kompaktkamera Leica Q3 sowie in die Messsucherkameras der M11-Serie ein. Die Bildqualität der SL3 kann sich echt sehen lassen. Extrem detailreich, sehr scharf und sehr kontrastreich. Typisch Leica: Bei Fotos im JPEG-Format setzt die Bildelektronik voll auf Detailgenauigkeit: Selbst mit sehr hoher ISO-Einstellung sind die Fotos der SL3 extrem detailreich. Allerdings leidet darunter der Kontrastumfang. Zudem rauschen die Fotos der SL3 stärker. Das zeigt sich vor allem in den Messwerten (siehe Tabelle unten), weniger beim “echten” Fotografieren. Obendrein lässt sich das durchs Fotografieren im RAW-Format und späterem Entwickeln mit einem Bildbearbeitungsprogramm wie Photoshop CC oder dem RAW-Spezialisten DxO PhotoLab mit ein paar Mausklicks schnell beheben.

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Ein solider Brocken

Schon beim ersten in die Handnehmen wird klar: Die Leica SL3 ist eine sehr solide und recht große Systemkamera (Abmessungen 15,2×10,8×18,5 Zentimeter mit dem getesteten Objektiv). Das schlägt sich auch im Gewicht nieder. Das Gehäuse wiegt mit Akku und Speicherkarte 857 Gramm, mit dem getesteten Zoom sind es 1.703 Gramm. Größer und schwerer sind nur wenige Modelle wie die Canon EOS R3 und die Nikon Z9. In etwa gleich groß und gleich schwer ist die Nikon Z8. Durch den ausgeprägten Griff (siehe Bild unten) liegt die SL3 gut in der Hand und lässt sich auch (kurz) einhändig benutzen (mit der rechten Hand). Das Gehäuse der SL3 wird aus Magnesium und Aluminium gefertigt. Ziemlich selten: Leica gibt für die SL3 eine IP-Schutzklasse an – sie entspricht der Schutzklasse IP54 (Schutz vor Staub und Spritzwasser). Einen kurzen Regenschauer schüttelt die SL3 locker ab, vorausgesetzt, es steckt einer wetterfestes Objektiv an der Kamera. Das sind inzwischen viele moderne Objektive – ein Indiz dafür ist eine Dichtlippe am Objektivbajonett. Wer ältere Objektive verwendet, etwa alte Messsucherobjektive über einen Adapter, sollte bei schlechten Wetter Regentropfen auf dem Objektiv sofort wegwischen, um das Risiko, dass Wasser in die Kamera eindringt, zu minimieren. Gut: Das Sucherokular der SL3 ragt weit aus der Kamera heraus. Da drückt man sich nicht so schnell die Nase am Display platt. Der Sucher ist schön groß (Suchervergrößerung 0,78-fach) und dank einer Auflösung von 1600×1200 Pixeln (Herstellerangabe 5,76 Millionen Pixel, da Leica wie alle Hersteller die Subpixel zählt) sehr detailreich. Er lässt sich auch mit Brille gut überblicken. Das Display hat eine etwas höhere Auflösung von 1080×720 Pixeln (Herstellerangabe 2,33 Millionen Pixel) und lässt sich nach oben oder unten klappen, aber nicht zur Seite schwenken.

Leica SL3

Typisch für aktuelle Leica-Modelle: Ein Teil der Tasten der Leica SL3 ist nicht beschriftet, da sich die Belegung an die Betriebsart der Kamera anpasst.

Foto: COMPUTER BILD

Beim Autofokus hängt Leica hinterher

Eine Gemeinsamkeit mit der Kompaktkamera Q3: Der Autofokus der Leica SL3 hat “nur” 315 Messfelder. Die automatische Motiverkennung erkennt Gesichter und Augen und stellt automatisch auf sie scharf. Das funktionierte im Test ziemlich fix und mit hoher Genauigkeit. Wer will, kann den Punkt, auf den die Kamera scharfstellen soll, auch per Joystick festlegen oder die Autofokus-Einstellungen anpassen (siehe Bild unten). Top-Profi-Systemkameras wie die Canon EOS R3, die Nikon Z9 oder die Sony Alpha 1 reagieren aber noch schneller und führen auch die Schärfe fixer nach. Die SL3 ist auch eher auf Einzelbilder als auf rasante Actionserien ausgelegt. Das zeigt sich beim Serienbildtempo: In maximaler Qualität und mit Belichtungsanpassung und Schärfenachführung schafft die SL3 nur 5,2 Bilder pro Sekunde. So langsam sind nur sehr wenige aktuelle Systemkameras.

Leica SL3

Der Autofokus der Leica SL3 bietet viele Automatikfunktionen, kann mit den aktuellen Topmodellen von Canon, Nikon und Sony aber nicht ganz mithalten.

Foto: COMPUTER BILD

Eine etwas andere Bedienung

Typisch für die Bedienung der Kompakt- und Systemkameras von Leica: Die SL3 setzt auf eine Mischung aus fest belegten und anpassbaren Tasten und Einstellrädern. Bei der SL3 gibt es drei beschriftete Tasten auf der Rückseite (Play, Fn und Menu). Die restlichen Bedienelemente sind unbeschriftet und passen sich an die Kameraeinstellungen an. Mit drei Drehrädern (zwei auf der Oberseite, eins auf der Rückseite) lassen sich beispielsweise sehr schnell Belichtungszeit, Blende oder Belichtungskorrektur anpassen. Wer die Menütaste drückt, bekommt erst das Schnellmenü angezeigt (siehe Bild unten). Das Kameramenü erscheint nach einem zweiten Tastendruck. Das Menü ist deutlich kompakter als bei anderen Herstellern, bietet aber trotzdem viele Funktionen und ist gut strukturiert.

Leica SL3

Über die Menütaste der Leica SL3 wird zuerst das Schnellmenü aufgerufen – mit den wichtigsten Einstellungen der Kamera. Ein zweiter Tastendruck führt dann ins Kameramenü.

Foto: COMPUTER BILD

Eine Wucht von Objektiv

Zum Test trat die Leica SL3 mit einem für Leica vergleichsweise günstigen Objektiv an: Das Vario-Elmarit-SL 24-70mm f2.8 wird im Auftrag von Leica in Japan gebaut und kostet daher “nur” 2.850 Euro. Damit liefert die SL3 Aufnahmen in sehr hoher Qualität, es geht aber auch noch besser, etwa mit dem APO-Summicron-SL 35mm f2 für 4.850 Euro, das zu einer Serie von sehr hochwertigen und sehr teuren Festbrennweiten gehört, bei der es noch Objektive mit 21, 28, 50, 75 und 90 Millimeter Brennweite gibt und die von Leica in Deutschland gefertigt werden. Eine weitere und wieder ziemlich teure Möglichkeit, Aufnahmen mit einem besonderen Look zu machen, sind die Objektive der M-Serie von Leica. Die passen beispielsweise mit dem Adapter M-Adapter Leica L an die SL3.

Leica SL3

Nein, keine Archivaufnahme, sondern ein aktuelles Foto. Für den nostalgischen Look sorgen die Leica Looks, die sich mit der Leica-Fotos-App auf die Leica SL3 übertragen lassen.

Foto: COMPUTER BILD

Neuer Look für Fotos per App

Die App zur Leica SL3 heißt Leica Fotos. Es gibt sie für Android und iOS. Die Applikation ist ein bisschen schicker als bei den meisten Kameraherstellern üblich und startet mit der Bildergalerie. Wer die Kamera fernsteuern will, muss mit einem Fingerwisch in den Fernsteuerungsmodus umschalten. Hier bietet die App viele Funktionen – darunter etwas seltenere Kameraeinstellungen wie die Auswahl von Dateiformat und Dateigröße. Nette Zugaben: Die Firmware der Kamera lässt sich über die App aktualisieren. Zudem können von der App Farbprofile auf die Kamera übertragen werden, die sogenannten Leica Looks. Mit dem Look Eternal entstehen beispielsweise Fotos mit höherem Kontrast und stärkerer Farbsättigung. Es gibt aber auch Looks mit einer zurückgenommenen Farbwiedergabe und monochrome Looks (siehe Bild oben).

Auch bei Videos extrem detailreich

Heutzutage ziemlich selbstverständlich: Die Leica SL3 bringt reichlich Videofunktionen mit. Sie filmt in 8K (7680×4320 Pixel) mit bis zu 30 Bildern pro Sekunde, in 4K (3840×2160 Pixel) bis zu 60 Bildern pro Sekunde und Full HD (1920×1080 Pixel) sogar mit bis zu 120 Bildern pro Sekunde. Dazu kommen Profi-Funktionen wie eine Aufnahme mit 10 Bit Farbtiefe und im Log-Format sowie die Möglichkeit, im etwas breiteren Kinoformat 17:9 (C8K und C4K) zu filmen. Eine Aufnahme in Apples Profi-Videoformat ProRes ist auch möglich, allerdings nur in Full HD mit maximal 60 Bildern pro Sekunde. Die Videos der SL3 sehen richtig gut aus: sehr detailreich und mit schönem Bokeh bei offener Blende. Der Autofokus führt die Schärfe sehr sanft und genau nach. Nur die Farbwiedergabe ist mit den Standardeinstellungen etwas kühl. Der Ton klingt (wie bei den meisten Kameras) etwas hallern. Kein großer Nachteil. Wer den Ton bereits bei Videodreh aufnehmen will, steckt einfach ein externes Mikrofon an.

Test-Fazit Leica SL3

Eine Leica ist (fast) immer eine richtig teure Kamera, da macht auch die Leica SL3 keine Ausnahme. Wer den deftigen Preis verkraften kann, bekommt eine Systemkamera mit besonders einfacher Bedienung und toller Bildqualität direkt aus der Kamera. Gut zum Teilen direkt über die Kamera-App und für extrem detailreiche Ausdrucke in großen Formaten. Für Actionfans ist die SL3 dagegen nicht so toll: Das Serienbildtempo ist eher mäßig und der Autofokus ist nicht so schnell wie bei den Topmodellen anderer Hersteller.

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