Diese leidvolle Erfahrung haben Sie bestimmt schon mal gemacht: Der Stream eines Films oder einer Serie startet nicht, stattdessen erscheint nur eine Meldung wie “Dieser Inhalt ist in Ihrem Land nicht verfügbar”. Das liegt daran, dass Online-Streaming-Plattformen wie Netflix oder Amazon Prime Video sowie die meisten Fernsehsender ihre Inhalte regional begrenzen – die Technik dafür heißt Geoblocking. In diesem Ratgeber erfahren Sie, wie die virtuellen Grenzen funktionieren und wie sie sich austricksen lassen.
Generell stecken hinter Geoblocking weder Bosheit noch Willkür, sondern die Pflicht der Anbieter, Lizenzrechte zu wahren. Filme und Serien sind enorm teuer in der Produktion – dementsprechend kostspielig sind die Genehmigungen, um sie zeigen zu dürfen, weshalb Unternehmen sie meist nur für bestimmte Regionen erwerben; für weitere Länder sind weitere Verwendungsrechte zu kaufen. Wenn Sie also zum Beispiel bei Netflix einen begehrten Film oder die neueste Serienstaffel nicht finden, hängt das in der Regel damit zusammen, dass das Portal die Rechte für Ihre Region nicht gekauft hat – anderswo womöglich schon.
So funktioniert Geoblocking
Für Online-Dienste ist einfach feststellbar, wo sich jemand aufhält, sobald er online ist. Jedes internetfähige Gerät wie Smartphone oder Computer, mit dem Sie im Netz surfen, wählt sich mit einer individuellen IP-Adresse ein. Die verrät Ihren Standort, beinahe wie eine Postleitzahl oder Telefonvorwahl. Online-Dienste erkennen somit, aus welchem Land Ihre Anfrage kommt und verwehren gegebenenfalls den Zugriff.
Ländersperren lassen sich ausschalten
Die gewünschten Inhalte sind in Ihrem Land nicht verfügbar – was jetzt? Es gibt drei Tricks, um Geoblockaden zu überwinden: Proxy-Server, Smart DNS und VPN. Alle drei Methoden haben ihre Vor- und Nachteile.
Die Nutzung eines Proxy-Servers ist einfach und schnell erklärt: Der User sucht sich einen Server im Zielland und surft dann mit einer neuen IP-Adresse die gewünschten Seiten an. Entsprechende Server finden Sie etwa bei Google, wenn Sie entsprechende Suchbegriffe eingeben. Den Proxy-Server richten Sie im Browser ein. Das klappt mit Firefox, Chrome und Edge grundsätzlich ähnlich: Navigieren Sie in die Verbindungseinstellungen und tragen dort manuell die Proxy-Server-Adresse sowie den Port ein.
Proxy-Server sind meist kostenlos, bringen aber vier zentrale Nachteile mit sich. Erstens sind sie oft überlastet wie Autobahnen am Ferienanfang – eben weil sie gratis sind. Musik- und Videostreaming stottern also potenziell. Zweitens bauen manche Server keine verschlüsselte HTTPS-Verbindung auf, bergen somit ein Sicherheitsrisiko. Wählen Sie deshalb Proxys mit verschlüsselter Verbindung. Drittens sickert bei manchen Ihre echte IP durch; die Nutzung solcher Server ist fürs Umgehen von Geoblocking folglich sinnlos. Viertens sind Proxys nicht immer verfügbar: Einige tauchen heute auf und sind morgen wieder verschwunden.
Die beste und zuverlässigste Methode zum Umgehen von Geoblocking besteht mit einem VPN-Dienst. Über den Service tarnen Sie Ihre IP-Adresse und heben alle lokalen Beschränkungen auf. Dazu greifen Sie auf einen Verbund von Servern zu, die überall auf dem Globus verstreut sind. Möchten Sie Ländersperren vermeiden, wählen Sie einen VPN-Server im gewünschten Land. Sie surfen dann mit einer IP-Adresse dieses Landes und gaukeln so der Plattform vor, Sie würden sich dort befinden.
Das bringt ein VPN bei Ländersperren
Mit einem geeigneten VPN-Dienst profitieren Sie in vielfältiger Weise von den All-in-One-Lösungen, wenn es um Ländersperren geht. Das sind wichtige Anwendungsfälle:
Mehr Inhalte bei Netflix & Co.
Per Geoblocking schneidet Netflix den Umfang jedes Landeskataloges einfach nach eigenen Vorstellungen zu. Doch auch diese Sperre lässt sich aushebeln: Mit einem geeigneten VPN und der entsprechenden ausländischen IP-Adresse machen Sie die teils umfangreicheren regionalen Mediatheken auch mit einem deutschen Nutzerkonto zugänglich.
Deutsches Fernsehen überall streamen
Weltweit auf Live-Sport zugreifen
Günstigeres Online-Shopping im Ausland
Gleiches gilt für ausländische Online-Shops, die sich aufgrund von Geoblocking nicht aufrufen lassen – mit den genannten Tricks aber schon.
Selbst mit einem VPN-Dienst, der auf das Umgehen von Geoblocking spezialisiert ist, schlägt das Aushebeln der Ländersperre gelegentlich fehl. Woran liegt das? Insbesondere große Streaming-Dienste wie Netflix und Amazon Prime Video unternehmen große Anstrengungen, um VPN-Nutzerinnen und -Nutzer aus ihren Diensten herauszuhalten. Die Schutzmechanismen, die IP-Adressen von VPN-Servern erkennen, sind mittlerweile sehr ausgefeilt.
Hier hilft oft der Wechsel auf einen anderen Server, der vom Geoblocking-Algorithmus noch nicht entlarvt wurde. Anbieter wie NordVPN, Surfshark, Cyberghost VPN und ExpressVPN reagieren erfahrungsgemäß am schnellsten auf Aussperrtricks der Hersteller und passen ihre Infrastruktur entsprechend an.
Anders sieht es bei frei empfangbaren Sendern wie ARD, ZDF, Arte, Pro Sieben oder RTL aus. Da es sich bei diesen Sendern nicht um ein kostenpflichtiges Angebot im eigentlichen Sinne handelt – der GEZ-Beitrag ist von der Portabilitätsverordnung ausgenommen – steht den Fernsehstationen frei, ob und welche Inhalte sie auch im Ausland verfügbar machen. Das gilt sowohl für den Live-Stream als auch für die Inhalte in den Mediatheken der Sender.
Es lässt sich derzeit nicht eindeutig sagen, ob das Aushebeln von Geoblocking-Mechanismen verboten ist oder nicht. Zumindest die Verwendung von VPN und Proxy-Servern zur Anonymisierung ist erlaubt; rechtliche Konsequenzen müssen Nutzer nicht befürchten. Womöglich aber verstoßen Sie durch das Austricksen von Geoblocking gegen die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einiger Dienste.
- Netflix schreibt in seinen Nutzungsbedingungen, dass sich Nutzer Netflix-Inhalte hauptsächlich in dem Land ansehen können, in dem das Konto erstellt wurde “und nur in geografischen Regionen, in denen wir unseren Dienst anbieten und die jeweiligen Inhalte lizenziert haben.” Ein klares Verbot zum Einsatz eines VPN findet sich hier nicht, man sollte sich aber besser nicht darauf verlassen.
- Amazon Prime Video äußert sich deutlicher: Wenn ein Nutzer Technologien oder Techniken einsetzt, die den eigenen Standort verschleiern und damit die geografische Standortbestimmung des Unternehmens umgeht, ist das ein Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen des Dienstes.
- Disney Plus schließt Handlungen aus, die dazu dienen oder geeignet sind, den Inhalteschutz der Plattform zu umgehen. Unter dem Begriff Inhalteschutz fällt nach Auslegung der Nutzungsbedingungen auch das Geoblocking.
- Wow verweist in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen darauf, dass eine Nutzung des Streaming-Dienstes nur in Deutschland und Österreich erlaubt ist oder zeitweise innerhalb der Europäischen Union gemäß der Portabilitätsverordnung.
Unterm Strich bedeutet das: Die Umgehung des Geoblockings ist zwar rechtlich gesehen nicht illegal, die Anbieter behalten sich aber vor, bei (wiederholtem) Verstoß den Account zeitweise oder ganz zu sperren. Anders verhält es sich jedoch, wenn Sie deren Inhalte mit technischen Tools herunterladen, kopieren oder weiterverbreiten – das ist eindeutig strafbar!
Das Gleiche gilt, wenn Sie mit VPN oder sonstigen Anonymisierungsmaßnahmen Straftaten begehen und/oder verschleiern, auch das ist zweifelsfrei illegal. Und was ist mit Streaming-Alternativen und Tauschbörsen, etwa Torrents und P2P-Systemen? Jene sind ebenfalls definitiv nicht erlaubt! Wer keine Abmahnung von einem Anwalt mit hohen Geldstrafen riskieren will, lässt die Finger davon.