Mit dem aus Deutschland stammenden Programm “JetDrive 9” sollen Sie Ihre Festplatte(n) defragmentieren und sie auf diese Weise schneller machen können. In diesem Artikel schildern wir unsere Erfahrungen mit der Applikation, die der Hersteller mit selbstbewussten 39,95 Euro bepreist. Wichtig zu wissen ist, dass man nur Festplatten und keine SSDs defragmentieren sollte. Letztere profitieren von Defrag-Läufen nicht; sie kurbeln ihre Geschwindigkeit nicht an und bewirken bei ihnen sogar einen Verschleiß der zugrundeliegenden NAND-Flash-Speicherzellen. Festplatten sind auf dem absteigenden Ast, SSDs dominieren – insofern sind Defrags weniger wichtig als einst: SSDs sind als Boot-Medien weitverbreitet und dienen schon mal als einziger Datenträger im Rechner, insbesondere mittlerweile in Notebooks. Vor zum Beispiel 20 bis 30 Jahren hatten Notebooks noch ausschließlich eine Festplatte eingebaut, irgendwann kamen sie dann mit einer SSD (als Boot-Platte) und mit einer ergänzenden Festplatte daher, seit geraumer Zeit ist die Bonus-HDD perdu und es werkelt in den Mobil-Devices lediglich noch eine Speed-trächtige SSD.
Nutzen Sie trotz dessen in Ihrem Notebook oder in Ihrem Desktop-PC eine Festplatte? Dann schlägt die Stunde von Software vom Kaliber eines “JetDrive 9”. Bevor Sie die Anwendung kaufen, sollten Sie unseren Testbericht lesen: Er geht auf die Vorteile der Anwendung und auf die höhere Zahl von gewichtigeren Nachteilen ein. Der Griff zu einer Freeware ist meist besser als ein Erwerb.
JetDrive 9 im Test: Was leistet die Software?
Zum Vergleich: Der Windows-Defragmentierer bietet ebenfalls nur einen Defrag-Algorithmus. Sowohl beim System-Bordmittel als auch mittlerweile bei JetDrive wählt man ihn nicht aus, sondern er kommt automatisch zum Einsatz. Positiv besehen ist die Reduktion auf einen entsprechenden Algorithmus gut, weil man als Anfänger deshalb keine falsche Wahl trifft, auf welche Weise eine Daten-Optimierung erfolgen soll. Außerdem kann man in der Folge nicht etliche Defrags nacheinander mit jeweils einer anderen Vorgehensweise durchführen, was dem Tempo kaum förderlich ist und was vor allem Zeit stiehlt.
Doch in Summe überwiegt das Stirnrunzeln hinsichtlich Abelssofts Entscheidung, aus sieben Defrag-Strategien bloß noch eine Variante zu machen. Der Anbieter spricht von einer JetSmart-Technologie zum Defragmentieren und wirbt (noch immer) auf seiner Website mit sieben zugehörigen Algorithmen – auch wenn Sie hinsichtlich derer mittlerweile keine Wahl mehr haben.
Fehlende Funktionen: Boot-Defrag nein, Scheduler nein, Registry-Defrag jein
Wir haben im Test keine Option gefunden, um Boot-Dateien zu defragmentieren, die im Systembetrieb in Benutzung und somit gesperrt sind. Eine Offline-Defragmentierung, die das System zwecks einer Konsolidierung entsprechender Daten rebootet, wäre fein gewesen. Auch eine Zeitplanung (Scheduler) für automatische Defrags ist Mangelware. Gut dafür und ungewöhnlich für ein NTFS-Defrag-Tool, wie JetDrive 9 eines ist, ist, dass das Defragmentieren der Windows-Registry (mitunter) im Angebot ist. Es ist aber nötig, in der rudimentären Software-Oberfläche – die sich leider nicht maximieren lässt, was schlecht für die Übersicht ist – herunterzuscrollen, um die zugehörige Option in Form einer entsprechenden Zeile eventuell angezeigt zu bekommen.
Eine Erkennung von SSDs ist integriert, sodass diese im Standard von einer Defrag-Behandlung ausgespart sind. Wer unbedingt will, kann SSDs trotzdem mit Defrags behandeln – empfehlenswert ist das jenseits von Testzwecken aber nicht. Mit dem Trimmen von SSDs hat der Testproband nichts am Hut – was schade ist, weil sich damit die Schreibleistung solcher Medien aufrechterhalten beziehungsweise, wenn sie eingebrochen ist, steigern ließe. Auf Placebos wie ein RAM-Defrag verzichtet die Anwendung.
Beseitigt die Software Fragmentierung?
Solcher ließe sich überdies zuvorkommen, indem man wie bei Auslogics Disk Defrag Ultimate für bestimmte wählbare Dateien einstellen könnte, dass hinter ihnen ein wenig Plattenplatz frei bleibt – JetDrive 9 enttäuscht auch hier. Dass Extras wie eine Datenmüll-Entfernung nicht zum Portfolio gehören, mag mancher schade finden, es fällt aber angesichts einiger fundamentaler Nachteile nicht mehr groß ins Gewicht.
JetDrive vs. Defraggler
Wir sind auf eine Kleinigkeit gestoßen, die JetDrive 9 besser kann als der Defraggler: das Herunterfahren von Windows, sobald die Defrag-Prozedur beendet ist. Der Defraggler scheitert dabei an noch geöffneten, ungespeicherten Dokumenten. JetDrive 9 lässt sich von ihnen nicht beirren und würgt das Betriebssystem rigoros ab.
JetDrive 9 im Test: Fazit und Alternativen
Als denkbarer Ersatz bietet sich schließlich noch der Ashampoo WinOptimizer 27 an. Dieser legt den Fokus nicht auf das Defragmentieren, bietet in seinem Defrag-Abteil aber mehr Übersicht und mehr Algorithmen als JetDrive 9, inklusive des Trimmens von SSDs. Hinzu kommen etliche weitere Funktionen für die PC-Wartung, die in Summe deutlich größere Temposchübe freizusetzen vermögen. Der Anbieter hat seinen Sitz, wie jener von JetDrive 9, in Deutschland.
JetDrive steht nicht nur, wie eingangs im Artikel erwähnt, für 39,95 Euro bereit (Einmalkauf). Sondern es gibt das Produkt auch im Abo für 29,95 Euro pro Jahr sowie ferner Abo-frei für 179,95 Euro. Bei letzterem Angebot erhalten Sie lebenslange Updates, ohne für diese künftig zu bezahlen: Das lohnt sich allerdings kaum, weil der doch recht kostspielige Erwerb eine Wette auf die Zukunft ist. Wer weiß schon sicher, dass Abelssoft Major-Releases folgen lässt und das Produkt nicht einfach irgendwann einstampft? Wenn die Software zu alter Stärke zurückfinden würde, indem Funktionen, die die Vorversion “JetDrive 7” bot, wieder einziehen würden, dann könnte sie sicherlich mit den besten Defrag-Produkten auf dem Markt (auf dem Papier) mithalten.