Die Bundesregierung plant, den Ermittlungsbehörden die Nutzung von biometrischer Gesichtserkennungssoftware und KI zu erlauben. Ein entsprechender Gesetzesentwurf wurde jetzt vorgelegt. Allem Anschein nach sollen damit die Maßnahmen aus dem kürzlich angekündigten Sicherheitspaket schnellstmöglich in die Tat umgesetzt werden.

Mit KI gegen den Terror

Das Kernanliegen der Bundesregierung liegt dabei in der “Verbesserung der Terrorismusbekämpfung”, heißt es in den ersten Zeilen des Gesetzesentwurfs. Darin werden einige Anwendungsbeispiele genannt, auf welcher Datenbasis die Gesichtserkennung etwa zum Einsatz kommen könnte. So will die Regierung Propagandavideos der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) und Inhalte aus sozialen Medien auswerten, um Schlussfolgerungen zu bereits erhobenen Informationen zu ziehen und etwaige Beziehungen von Tatverdächtigen und eventuellen Hinterleuten aufzudecken, etwa in Sachen Terrorismusfinanzierung.

Strenge Vorgaben für die Datensammlung

Ganz unbekannt dürfen die infrage kommenden Verdächtigen den Strafverfolgungsbehörden allerdings nicht sein. Denn der Entwurf sieht vor, dass die KI-gestützte Gesichtserkennung biometrische Daten aus früheren Ermittlungs- und Strafverfahren als Basis nimmt und sie mit frei zugänglichen Bild- und Toninhalten aus dem Internet abgleichen und auswerten soll. Die müssen fest gespeichert sein und dürfen nur nach gerichtlicher Anordnung gescannt werden. Der Zugriff auf Livestreams und Echtzeit-Aufnahmen von Webcams sei ausgeschlossen, heißt es in dem Papier. Zudem dürfen sie nicht zu intime Inhalte zeigen, denn “Erkenntnisse, die nur aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung” erlangt werden können, seien unzulässig und sind sofort zu löschen, heißt es weiter.

Umsetzung unklar

Um das Ganze für die Polizeibehörden rechtssicher zu gestalten, sieht der Entwurf Änderungen der Strafprozessordnung sowie des BKA- und des Bundespolizeigesetzes vor. Was aus dem Entwurf nicht ganz klar wird, ist, wie sich die Bundesregierung die technische Ausgestaltung eines solchen Werkzeugs vorstellt. In dem Entwurf ist nur die Rede von bestehenden Informationssystemen, die bekannte gesicherte Informationen enthalten und zum Abgleich der erhobenen Daten aus dem Internet dienen sollen. Zum neuen System hingegen wird nur von einer “automatisierten Datenanalyse” gesprochen. Der naheliegende Gedanke wäre eine Datenbank, die bereits bekannte und neue Informationen speichert, auswertet und abrufbar macht.

EU verbietet Speicherung auf Vorrat

Solch ein Konzept wäre aber nach der neuen KI-Verordnung der Europäischen Union nicht erlaubt. Das Erstellen von “Datenbanken zur Gesichtserkennung” und das “ungezielte Auslesen von Gesichtsbildern aus dem Internet” sind für die Mitgliedsstaaten verboten. Dessen scheint sich aber auch die Bundesregierung bewusst zu sein und vermeidet ausdrücklich die Erwähnung des Begriffs “Datenbank” in dem Gesetzesentwurf. Sie geht sogar so weit, vorzuschreiben, dass die erhobenen Daten nach der Durchführung eines Abgleichs umgehend zu löschen seien, sollte dabei kein konkreter Ermittlungsansatz entstanden sein.

Datensammlung mit großem Aufwand

Im Klartext heißt das, dass Ermittlungsbehörden die aus dem Internet gesammelten Daten löschen müssen, wenn kein handfester Fortschritt in den aktuellen Ermittlungen erreicht werden konnte. Sollte sich später ein neuer Verdacht erhärten, müssen die Behörden sie wieder neu sammeln. Das stellt einen nicht zu unterschätzenden Aufwand dar, der im Gegensatz zu einer einheitlichen Datenbank auch mit wiederkehrenden Kosten verbunden sein dürfte.

Kosten sind unbekannt

Wie teuer die Einführung des Informationssystems für den Steuerzahler wird, ist nicht bekannt. In dem Entwurf wird jedoch schon jetzt mit in den Folgejahren steigenden Betriebskosten gerechnet, die auf Kosten des Budgets des Bundeskriminalamtes, der Bundespolizei und der Strafverfolgungsbehörden gehen sollen.

Diskussion im Bundestag steht bevor

Bereits am 12. September 2024 will der Bundestag über den Gesetzesentwurf diskutieren. Der Termin dürfte nicht ganz zufällig so kurzfristig gewählt sein. Denn bereits am 22. September 2024 steht die nächste Landtagswahl in Brandenburg bevor. Nach den Ergebnissen bei den Wahlen in Sachsen und Thüringen und infolge des Anschlags in Solingen vom 23. August 2024, auf den sich der Gesetzesentwurf schon im ersten Satz bezieht, scheint der Handlungswille bei den Ampelparteien groß zu sein.

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